Gibt es 61 Tage nachfasten für den Ramadan im Koran?

Ein Gläubiger, der unter bestimmten Verhältnissen unentschuldigt das Fasten bricht, sollte einem Sklaven oder einer Sklavin zur Freiheit verhelfen. Diese Regelung war darauf gezielt, Menschen zu ihrer Freiheit zu verhelfen. Da aber heutzutage Sklaverei fast abgeschafft ist, wird man kaum Gelegenheit dazu finden. Falls man dazu nicht in der Lage ist, fastet man zwei Monate durch. Und wenn auch dies nicht möglich sein sollte, darf man 60 Bedürftige morgens und abends ernähren. (Feinheiten Islamischen Glaubens, Nasuhi Bilmen, S.270)

Jene, die das Fastengebot im Monat Ramadan aus bestimmten Gründen nicht einhalten können und eine Buße (kaffara) von 61 Tagen auferlegt bekommen, handeln nicht auf der Grundlage der Religion. Eine solch schwere Bestrafung für das unentschuldigte Essen an einem Fastentag ist im Koran nicht vorgesehen, sondern erst viel später von islamischen Rechtsgelehrten unter Verweis auf verschiedene unstimmige Überlieferungen eingeführt worden. (siehe hierzu: Prof.Yunus Vehbi Yavuz, Kuran Mesaji Dergisi, 1998, S.6)

Der Lehrer von Abu Hanifa (gest.767), Ibrahim en-Nehai (gest.714) war der Ansicht, dass man den absichtlich gebrochenen Fastentag einfach nur nachfasten müsse. (vgl.Kal´aci, Bd. 2, S.969-970)

Für Gläubige, die es einfach nicht schaffen im Monat Ramadan zu fasten, zeigt der Koran unmissverständlich einen Ausweg:

„Und für diejenigen, denen es schwer fällt (zu fasten), ist dessen Ersatz die Speisung eines Bedürftigen.“ (Übersetzung nach Amir Zaidan, AT-Tafsir)

Im Tafsir „Kuran Yolu“ (Weg des Koran) herausgegeben von den Theologen Prof. Hayreddin Karaman, Prof. Mustafa Cagrici, Prof. Ibrahim Kafi Dönmez und Sadrettin Gümüs steht folgendes zu diesem Vers:

Straßenbauer und Bauarbeiter, also alle Schwerstarbeiten– die  ihre eigene Gesundheit sowie der Mitmenschen in Gefahr bringen, können ein Lösegeld entrichten, anstatt zu fasten; pro Fastentag einen bestimmten Geldbetrag (Fitra) zur Speisung  eines Bedürftigen Menschen. (Kuran Yolu, Bd. 1, S. 179)

Für die Mehrheit der Rechtsgelehrten sind die Gründe für das nichtfasten folgende Punkte:

1. Auf Reise sein.

2. Krankheit.

Die betroffenen davon, werden nach Ende der Reise beziehungsweise bei der Genesung wieder nachfasten müssen.

3. Hohes Alter.

Eine sehr alte und schwache Person braucht nicht zu fasten. Eine derartige Person ist nicht in der Lage zu fasten und erlangt sie auch nicht wieder, bis sie verstirbt. (vgl. Feinheiten Islamischen Glaubens, S.269)

ÜBER DEN AUTOR

Ecevit Polat

14 Kommentare

  • Danke Ecevit, für Deine Mühe und Arbeit – wunderbar geschrieben!
    Wie immer geteilt!

  • Danke für deinen Artikel. Besonders im türkischsprachigem Raum war die Ansicht, dass man 61 Tage nachfasten müsse, weit verbreitet.

    • Selam Abdulsamed.
      Du wirst es nicht glauben, selbst bei unseren arabischen Glaubensgeschwistern ist die Ansicht weitverbreitet, 61 Tagen nachzufasten. Obwohl es sich nur auf einen Hadith stützt, dessen Überlieferer Abu Huraira ist.
      Diese Überlieferung von Abu Huraira, ist eine „ahad“ (einzelüberlieferung) von nur einer Person Überliefert. Einzelüberlieferungen können nach dem Fikh, nich zur Dogma erklärt werden. Sondern, sie müsste von mehreren Gefährten des Propheten authentisch überliefert sein.

  • Das mit den 61 Tagen ist echt Interessant.
    Bedarf an weiteren rechergen.
    Auch die Reisenden müssen die nicht gefassteten Tage nachfasten (nur ein Info zum Punkt1)
    Danke

  • S.a.

    interessanter Artikel. Mit diesem Thema habe ich mich bisher wenig verfasst. Vielen Dank auf jedenfall für den gedanklichen Anstupser 🙂

    Leider fehlt mir im Artikel die Betonung der Wichtigkeit des Fastens im Islam. Ich möchte deswegen 2 Verse hier rezitieren, um auf der anderen Seite zu unterstreichen, dass das Fasten nicht nach Lust und Laune zu verwirklichen ist:

    „O, ihr die ihr Glauben erlangt habt! Das Fasten ist für euch verordnet, wie es für jene vor euch verordnet war, auf daß ihr euch Gottes bewußt bleiben möget“(2/183) Asad
    Dieser Vers zeigt, dass das Fasten auch schon vor Hinabsendung des Korans eine Pflicht des „überzeugten“ Gläubigen gegenüber Allah war.

    „Es war der Monat Ramadan, in dem der Qur’an (zuerst) von droben erteilt wurde, als Rechtleitung für den Menschen und evidenter Beweis dieser Rechtleitung und als Maßstab, mit dem das Wahre vom Falschen zu unterscheiden ist. Darum, wer immer von euch diesen Monat erlebt, soll ihn DURCHWEG fasten; aber wer krank ist oder auf einer Reise, (soll statt dessen die gleiche) Anzahl von anderen Tagen (fasten). Gott will, daß ihr Erleichterung habt, und will nicht, dass ihr Härte erleidet, aber (Er wünscht,) dass ihr die Anzahl (der erforderlichen Tage) vervollständigt, und dass ihr Gott dafür lobpreist, dass Er euch rechtgeleitet hat, und dass ihr (Ihm) euren Dank abstattet“ (2/185) Asad
    Wie hier zu verstehen ist, (wie du es auch bereits angedeutet hast,) muss ein Gläubiger nicht fasten, wenn er einen verantwortbaren Grund gegenüber dem Schöpfer hat. Die Betonung liegt auf „verantwortbar“ 🙂

    Selam 🙂

  • danke für den artikel. wie moe erwähnte gilt in erster linie die ABSOLUTE pflicht des fastens für alle muslime. die ausnahmen gelten AUSSCHLIESSLICH für die in koran und sunna erwähnten, und von den gelehrten durch schlusssfolgerung und analyse bestimmten gruppen.
    wie auch sonst auf dieser seite wird wiedermal auf hadithe verzichtet, wobei alle gelehrten sowohl koran als auch sunna als quellen des islams sehen.

  • Selam aleijkum, ich suche schon etwas länger nach einer Antwort bezüglich das Nachfastens: Gibt es Tage, an denen man nicht nachfasten darf? Wenn man bsp.weise freiwillig fastet, sollte man es an Montagen und Donnerstagen tun,( so weit meine mehrfache Information (?)) Wenn man jedoch nachfastet , ist es dann erlaubt, es so zu handhaben wie im Ramadan, also an einem Stück? Danke schonmal…

  • Selam liebe Tuana. Ich kenne zwar diesbezüglich keine genaue Antwort, jedoch sollten wir solche Angelegenheiten im koran suchen und nicht von Menschen gemachten figh’s. Der koran betont das Nachholen ohne jedoch anzugeben in welcher Form. Ich verstehe es an einem Stück nachzuholen. Falls jedoch wieder ein Grund bestehen sollte nicht zu fasten, dann sollte man wie beim ersten „nichtfasten“ vorangehen und diese wieder nachfasten sobald die Umstände es zulassen. Das fasten am montag und donnerstagen ist nur eine sunna und ist abhängig von der niyya (Absicht).

    Wslm.

  • Slm

    was mich noch interessieren würde ist wie ihr alle zu den Fastenzeiten steht ich hier in İzmirnaehe halte mich nicht an die örtlichen Bestimmungen zu der Zeit ab wann man fasten sollte – wenn man nach der Vorgabe das fasten anfaengt (in der Türkei) ist es noch stockdunkel und man kann nicht “einen hellen Streifen von einem dunklen unterscheiden“ (so aehnlich im Koran habe keine Bücher bei mir bin im İnetcafe)

    • Salam,

      einfach nach dem Fest ( Al-Eidu-l-Fitr) nachholen. Wenn du auf Nummer sicher gehen willst und eine Ersatzleistung vermagst zu zahlen, dann tue es dazu 🙂 ( Speisung eine Armen, ich würde es in Ramadan machen); die Ersatzleistung hat aber nichts mit den Zakaat zutun, die wir in Ramadan abgeben.

      Möge sein Fasten angenommen werden und Allah Wohlgefallen auf dich haben

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