War Muhammed (s) ein Meuchelmörder?

Nichtmuslimische Historiker und Religionswissenschaftler verurteilen den Propheten des Islam als einen nicht kritikfähigen und intoleranten Menschen. So schrieb beispielsweise der Orientalist Professor Maxime Rodinson den folgenden Satz, dass  „Muhammed keinen Spott und keine Schmähreden vertrug“ (Maxime Rodinson, Mohammed, S. 171, 1961). Gegenstand der Verurteilung von Muhammed (s) ist hauptsächlich die Geschichte um den halbjüdischen Dichter  Ka´b ibn al-Aschraf. Dieser hatte nach dem Zeugnis der muslimischen Primärquellen die mekkanischen Polytheisten mit seiner Dichtkunst auf die noch zahlenmäßig geringen Muslime aufgehetzt, um diese letztendlich zu töten (siehe hierzu: Siret-i ibn Hisam, Bd. 3, S. 71).

Der Grund war, dass viele arabisch-aristokratische Polytheisten in der Schlacht von Badr im Jahre 624 getötet wurden. Aus diesem Umstand her, erhofften sich einige dem Propheten feindlich gesinnte jüdischen Stämme aus Medina, die polytheistischen Mekkaner zu einem erneuten Angriff gegen die Muslime aufzuwiegeln. Ka´b ibn al-Aschraf nutzte in dieser Gelegenheit  sein künstlerisches Talent, um die in Medina sesshaften Juden in einer Koalition mit den Götzendiener aus Mekka, zu einem erneuten Krieg gegen Muhammad (s) und seinen Anhängern anzustacheln (Marco Schöller, Mohammed, S. 46-49).

Nach der ältesten und bis heute erhalten gebliebenen Propheten- Biographie von ibn Hisam (gest. 833) wird berichtet, dass auf Anweisung von Muhammed (s) Ka´b ibn al-Aschraf exekutiert wurde (siehe hierzu: detailliert Siret-i ibn Hisam, Bd. 3, S. 71-80). Erstaunlicherweise berichten Propheten-Biographen wie Professor Muhammed Hamidullah und Muhammed Hussain Haikal, dass nicht Muhammed (s) den Tod von Ka´b ibn al-Aschraf verordnet hätte, sondern einige Muslime eigenständig handelten (siehe hierzu: „Islam Peygamberi, S. 483“ und „Das Leben Muhammads, S. 241“).

Die frühsten Quellen wie z. B. die von dem Historiographen Taberi (gest. 923) bestätigen jedoch zweifelsfrei, dass die Anordnung und Initiative vom Propheten persönlich ausgingen (siehe hierzu: Tarih-i Taberi, Bd. 3, S. 172).

Der niederländische Propheten-Biograph Professor Hans Jansen ist sogar der Ansicht, dass sich die Attentate vom 6. Oktober 1981  auf den ägyptischen Präsidenten Sadat, maßgeblich von der Geschichte von Ka´b´s Schicksal beeinflusst war. Die Mörder von Sadat hätten für ihre terroristischen Ziele somit eine fundierte Grundlage in der Herangehensweise ihres Propheten gefunden: „Sadats Mörder nahmen die Geschichte in ein Dokument auf, das einer von ihnen nicht lange vor dem Anschlag auf den Präsidenten am 6. Oktober 1981 zu seiner Verteidigung geschrieben hatte“ (Hans Jansen, Mohammed, S. 280).

Der Prophet des Islam wird von seinen Kritikern als jemand dargestellt, der keine Kritik an seiner Person duldete und in diesem Zusammenhang jede Gelegenheit ergriff, Kritiker unmittelbar auszulöschen: „Und die Lehre aus dieser Geschichte ist simpel, grob und eindeutig: Wer unanständig über muslimische Frauen oder Männer spricht, muss umgebracht werden. Mit den modernen Vorstellungen von Meinungsfreiheit, insbesondere von einer Polemik, die sich in einem gewissen Rahmen bewegt, ist dies freilich nicht in Einklang zu bringen“ (Hans Jansen, Mohammed, S. 281).

Es gibt jedoch einige sehr wichtige Details in diesem historischen Ereignis, die (vermutlich) bewusst von Hans Jansen ausgelassen werden. Im ältesten Tafsir-Werk von Mukatil bin Süleyman (gest. 767) wird berichtet, dass Ka´b ibn al-Aschraf und seine Sippe zu allen erdenklichen Mitteln griffen, um Muhammed (s) und seinen Anhängern, die im Jahre 622 von Mekka nach Medina (Hidschra) auswanderten, zu vernichten. In einem Gespräch mit Muhammed (s) erklärte nun Ka´b ibn al-Aschraf  den Propheten zum offiziellen Feind, was bis dahin nur heimlich unter ihnen zirkelte: „Du bist unser Feind!“ (Mukatil bin Süleyman, Tefsir-i Kebir, Bd. 1, S. 475).

Somit wurde der Gesandte Gottes öffentlich zum Staatsfeind in Medina deklariert.

Im alten Arabien war die Dichtkunst das wichtigste und effektivste Werkzeug, um ganze Sippen zu diffamieren, ja sogar um nicht bevorstehende Kriege anzuzetteln. In der heutigen Zeit könnte man dies mit den Medien vergleichen, die die Öffentlichkeit zu einer Volksverhetzung aufrufen.  Die Islamwissenschaftlerin Professorin Gudrun Krämer, fasst die weitreichende Wirkung der Dichtkunst des 7. Jahrhunderts wie folg zusammen: „In einer Gesellschaft, in der die Kunst der Rede so hoch geschätzt wurde, kam der Macht des Wortes große Bedeutung zuDie Dichter waren in dieser Hinsicht Konkurrenten, sie konnten Muhammed- man denke an die Tradition der Schmährede- unter Umständen ebenso Gefährlich werden wie bewaffnete Widersacher“ (Gudrun Krämer, Geschichte des Islam, S. 22).

In ihrer Propheten-Biographie und im Zusammenhang mit der Geschichte um Ka´b ibn al-Aschraf,  schildert die international renommierte Religionswissenschaftlerin Professorin Karen Armstrong die gefährliche Situation für die Muslime in Medina folgendermaßen: „Feindselige Dichter und Poeten hatten schon immer Muhammeds tiefen Argwohn erregt: Ihre Äußerungen besaßen angeblich nahezu magische Macht. In Arabien konnte ein Dichter fast so etwas wie eine tödliche Waffe sein, und Muhammed konnte es sich nicht leisten, dass er die Gefühle in der Oase weiter aufheizte und möglicherweise auch noch die Beduinenstämme zu einer Koalition mit Abu Sufyan gegen Medina bewegte“ (Karen Armstrong, Muhammad, S. 254).

Es ist so offenkundig, dass der historische Kontext von vielen nicht-muslimischen Propheten-Biographen nicht berücksichtigt wird. Dem heutigen Leser wird somit der Eindruck vermittelt, dass Muhammed (s) nicht fähig war, Kritik zu dulden. Deshalb sollte sein wichtigstes Anliegen darauf abzielen, alle nicht-muslimische Dichter seiner Zeit zu exekutieren.

In der Tat bezeugen die islamischen Primärquellen- wie oben dargelegt- dass einige von ihnen wie Ka´b ibn al-Aschraf die Dichtkunst instrumentalisierten, um die Stadt Medina frei von Muslimen zu machen. Dr. Martin Lings wies bereits in seinem Werk „Muhammad“ daraufhin, welche einflussreiche Stellung die Poeten im damaligen Arabien hatten:

Unter den Arabern galt ein begabter Poet mehr als nur ein einzelner Mann, denn seine Verse waren in aller Munde. War er ein guter Mann, dann war er ein machtvolles Werkzeug des Guten, war er ein schlechter Mann, dann war er ein Werkzeug des Bösen, dessen es sich um jeden Preis zu entledigen galt“ (Martin Lings, Muhammad, sein Leben nach den Frühsten Quellen, S. 236).

ÜBER DEN AUTOR

Ecevit Polat

10 Kommentare

  • Eine wichtige Überlieferung sollte noch berücksichtigt werden, die im Korankommentar von al-Baghawi im Zusammenhang mit der Bestrafung des jüdischen Stammes Banu Nadir vorkommt. Demnach ist Ka’b nach der Schlacht von Uhud (also nicht nach der Schlacht von Badr), in der die Muslime eine Niederlage hinnehmen mussten, nach Makka mit vierzig Reitern gezogen. Dort schloss er mit Abu Sufyan, dem Führer der Quraysh, einen Bund gegen die Muslime. Die Überlieferung berichtet: „da leisteten sie sich gegenseitig einen Eid und schlossen einen Vertrag, wonach ihr Wort ein einziges Wort (mit einer einzigen Stimme) gegen Muhammad sein sollte. Abu Sufyan und Ka’b gingen jeweils mit vierzig Kriegern in die heilige Gebetsstätte hinein und und nahmen sich gegenseitig den Eid ab, wobei sie sich zwischen der Hülle der Kaaba und der Kaaba selbst befanden. Dann kehrte Ka’b mit seinen Männern nach Madina zurück und Gabriel benachrichtigte den Gesandten über den Pakt zwischen Ka’b und Abu Sufyan. Da befahl der Gesandte die Ermordung Ka’bs.“
    Aus dieser Überlieferung wird deutlich, dass die Maßnahme Muhammads eine Reaktion auf die feindlichen Aktivitäten von Ka’b war, der zusammen mit dem Banu Nadir das Abkommen, welches der Prophet nach seiner Ankunft in Madina mit ihnen geschlossen hatte, gebrochen hatte. Die Entscheidung des Propheten war eine strategische Entscheidung, denn hätte er Ka’b nicht töten lassen, hätte er den Vertragsbruch einfach hingenommen und die anderen Gegner innerhalb Madinas ermuntert, dem Ka’b nachzueifern. Die Existenz der muslimischen Gemeinde, die bei Uhud eine schwere Niederlage eingesteckt hatte, war zu bewahren. In dieser Situation musste Muhammad Stärke demonstrieren.

  • Selam Nuri,
    der von Dir zitierte al-Baghawi (gest. 1116) vertritt eine Sichtweise, die so von den Chronisten wie ibn Hisam (gest. 833) und Taberi (gest. 923) nicht gedeckt werden. Der Grund ist, das Ka´b nicht nach der Schlacht von Uhud mit vierzig Reitern gegen die Muslime gezogen haben kann, da Ka´b vor der Schlacht von Uhud noch starb. Dies berichten ibn Hisam und Taberi ausdrücklich. Außerdem veräußerte Ka´b seine Schmähreden unmittelbar nach Badr, woraufhin Hasan bin Sabit eine gegen Ka´b gerichtete Dichtung verfasste (siehe hierzu: Siret-i ibn Hisam, Bd. 3, S. 72-73, türkische Ausgabe). Ich frage mich allen ernstes, woher al-Baghawi (gest. 1116) diesen Stoff her hat?

  • Slm
    Sehr schöner Artikel

    Ich nehme zu solchen Themen immer gerne den Koran speziell hier :

    80:1. Er runzelte die Stirn und wandte sich ab, 2. Weil der Blinde zu ihm kam. 3. Was aber ließ dich wissen, dass er
    sich nicht läutern wollte 4. Oder Belehrung suchte und die Belehrung ihm genützt hätte? 5. Was aber den betrifft,
    der glaubt, auf niemand angewiesen zu sein, 6. Den empfingst du, 7. Ohne dich daran zu stören, dass er sich
    nicht läutern will! 8. Was aber den betrifft, der voll Eifer zu dir kommt 9. Und voll (Gottes-)Furcht ist, 10. Um
    den kümmerst du dich nicht! 11. Nicht so! Dies ist eine wirkliche Ermahnung.

    Der Blinde ist Abd` Allah Ibn Schurayh ( mehr unter dem Namen seiner Großmutter bekannt : Ibn Umm Maktum) wurde später vom Propheten zum Stadthalter von Medina gemacht und Muhammad grüßte Ihn mit den Worten: „Willkommen dem Mann, um dessentwillen mein Herr mich tadelte.“ (Quelle Korane von Hofmann und Asad)

    Waslm Eddy

  • As salamualeykum,
    Ein sehr guter Text. Ich konnte aus deiner Studie sehr viel lernen. Möge Allah deine Taten annehmen und dir Aufrichtigkeit geben.

  • Aus der Gesamtheit aller Überlieferungen zur ErTötungung von Kaʿb bin al-Ashraf können folgende Informationen als gemeinsame Punkte festgehalten werden:

    • Kaʿb stammte von einem arabischen Vater und einer jüdischen Mutter, die dem jüdischen Stamm der Banū Nāḍīr angehörte, ab.
    • Er war ein begnadeter Dichter und Frauenheld.
    • Er wurde auf Befehl Muhammads getötet, weil er von den Muslimen als feind-lich angesehene Aktivitäten gegen diese begangen hatte.

    Worüber die Berichte jedoch auseinandergehen sind der Zeitpunkt und die genauen Motive seiner Tötung.
    Grundsätzlich ist festzuhalten, dass in den Berichten in der tafsir-Literatur und in den historischen Werken hinsichtlich der Motive und dem Zeitpunkt der Tötung unter-schiedliche Angaben gemacht werden.
    Bevor die Berichte in diesen beiden Gattungen in den erwähnten Punkten miteinan-der verglichen werden, noch einige kurze Bemerkungen zu den Berichten in Ibn His-hām (Ibn Ishāq) und al-Bukharī.
    Der Bericht zur Tötung Kaʿbs ist ohne Isnād, genauer gesagt, Ibn Ishaq gibt nur die Namen derer, von denen er die Erzählung gehört hat. Wir wissen nicht von welchem Sahabī der Bericht stammt und wie er bis zu den Nachrichtenquellen Ibn Ishaqs ü-berliefert worden ist.
    Nicht nur der fehlende Isnād wirft ein negatives Licht auf die Zuverlässigkeit dieser Überlieferung, sondern auch die Tatsache, dass Ibn Ishaq nach eigener Aussage die Berichte der vier Informanten (ʿAbdullāh bin al-Mughīṯ bin Abī Burayda aṭ-Ṭafrī, (ʿAbdullāh bin ʾAbī Bakr bin Muḥammad bin ʿAmr bin Ḥazm, ʿĀṣim bin ʿAmr bin Qatā-da und Ṣāliḥ ibn ʾAbī ʾUmāma bin Sahl) zu einer Gesamterzählung zusammen gefügt hat, so dass einzelne Teile des Berichtes nicht zugeordnet werden können und auch nicht feststellbar ist, welche Eingriffe Ibn Ishaq in den einzelnen Überlieferungen selbst vorgenommen hat.
    Erst den Teil des Berichts, in dem Muhammad die Mörder losschickt, lässt Ibn Ishaq mit einem Isnād beginnen. Der Isnād lautet: Thawr bin Zayd – Ikrima – Ibn ʿAbbās. Die Gewährsmänner in der Überlieferungskette sind durch die Präposition ʿan (von) miteinander verknüpft, was in der Hadīth-Wissenschaft als ʿanʿāna-Überlieferung be-zeichnet wird und es sehr unsicher ist, wie die einzelnen Gewährsmänner den Be-richt untereinander überliefert haben, weil Bemerkungen wie „ḥaddathnā“ oder „ʾaḫbaranā“ zum Modus der Weitergabe fehlen.
    Außerdem kann Ibn ʿAbbās kein direkter Zeuge gewesen sein, da er erst nach der Eroberung Makkas mit seinem Vater ʿAbbās nach Madina gekommen ist, also lange nach dem Ereignis.
    Im Sahih des al-Bukhārī wird der Bericht von Jābir ibn Abdillāh überliefert. Dieser durfte an der Schlacht von Badr nicht teilnehmen, da er als zu jung befunden wurde. Inwiefern kann er dann, trotz seines jungen Alters, an solch geheimen Operationen wie der Tötung Kaʿbs, involviert sein, so dass er davon in aller Ausführlichkeit berich-ten kann.
    Der Bericht bei al-Bukhārī setzt damit ein, dass der Gesandte eine Frage stellt, wer ihn von Kaʿb, der Gott und seinem Gesandten Leid angetan hat, erlösen kann? Dar-aufhin meldet sich Muhammad bin Maslama und anschließend wird der Anschlag in allen Einzelheiten erzählt. Wir finden keine Angaben über den Zeitpunkt des An-schlags. Die zum Motiv gemachte Aussage ist zu ungenau.
    Jetzt können wir die Korankommentare und die Geschichtswerke am Beispiel Ibn Ishaqs zu diesem Bericht miteinander vergleichen.
    Nach Ibn Ishaqs Bericht fand die Tötung im Anschluss an die Schlacht von Badr, in dem die Makkaner eine herbe Niederlage erlitten hatten, statt.
    Als Motive für die Tötung Kaʿbs kann man aus Ibn Ishaqs Bericht folgendes entneh-men:
    • Anstachelung der Makkaner zum Kampf gegen die Muslime in Madina.
    • Beleidigungen der Muslime.
    • Verführung von muslimischen Frauen.

    Die früheste Erwähnung der Tötung in einem Korankommentar finden wir bei al-Muqātil (gest. 150). Sein Kommentar gehört zu den ältesten Korankommentaren. Der Bezug auf die Tötung findet bei der Kommentierung der Sura 59 (al-Hashr) statt. Die Sure berichtet nach übereinstimmender Meinung der Koranexegeten über die Ver-treibung des jüdischen Stammes Banū Nāḍīr, dem auch Kaʿb über seine Mutter an-gehörte. Grundsätzlich ist festzuhalten, dass in den Korankommentaren die Tötung Kaʿbs im Zusammenhang mit der Vertreibung der Banū Nāḍīr steht und dies einer der wesentlichen Unterschiede zu den Sīra-Werken ist.
    Muqātil paraphrasiert den Eingangsvers (die uns in diesem Zusammenhang interes-sierenden Paraphrasen sind in den Klammern) folgendermaßen:
    „Er ist es, der die Ungläubigen (also die Juden des Banī Nāḍīr) von den Leuten der Schrift ( nach der Schlacht von ʿUḥud trieb er sie heraus), aus ihren Wohnungen ver-trieben hat, zur ersten (diesseitigen) Versammlung (an den Ort ihrer Verbannung). Ihr glaubtet nicht, dass sie wegziehen würden. Und sie meinten, ihre Befestigungen würden sie vor Allah schützen. Da kam Allah über sie, ohne dass sie damit rechneten (durch die Tötung Kaʿb bin al-Ashrafs), und jagte ihnen Schrecken ein (durch die Tö-tung Kaʿb bin al-Ashraf versetzte sie Allah in Angst, denn er war ihr Haupt und ihr Herr, Muhammad bin Maslama tötete ihn …), worauf sie eigenhändig und mit den Händen der Gläubigen ihre Häuser zerstörten. Denkt nach, die ihr Einsicht habt!“
    Diese Interpretationen werden bei al-Mawardī (gest. 450) auf Ibn Jubayr und as-Suddī (gest. 127) zurückgeführt.
    Somit lässt sich sagen (dies betont auch Uri Rubin in „The assassination of Kaʿb b. al-Ashraf“), dass die Verbindung mit der Schlacht von ʿUḥud und der Vertreibung der Banū Nāḍīr schon sehr früh (im zweiten Jahrhundert) vorhanden ist.

    Eine ausführliche Schilderung der Ereignisse um die Tötung Kaʿbs findet sich in bei aṭ-Ṭabarānī (gest. 360). Er beginnt die Schilderung, indem er sagt „die Exegeten haben gesagt“. Daraus kann man ableiten, dass dieser Bericht ein bekanntes Allgemeingut unter den Korankommentatoren war. Nach dem Bericht hat Muhammad als er nach Madina kam einen Pakt mit den Juden (darunter der Banī Nāḍīr) geschlos-sen, wonach sie zwar nicht mit ihm kämpfen, jedoch auch nicht ihn bekämpfen soll-ten. Nach der Schlacht von ʿUḥud allerdings, in der die Muslime eine herbe Niederla-ge einstecken mussten, brachen sie ihren Pakt und Kaʿb bin al-Ashraf ritt mit vierzig Reitern nach Makka und schloss mit Abu Sufyān einen Kriegspakt gegen die Musli-me. Als Kaʿb nach Madina zurückgekehrt war, kam der Engel Gabriel zum Gesandten und informierte ihn über die Machenschaften Kaʿbs. Der Engel teilte ihm mit, dass Allah die Tötung Kaʿbs befiehlt, worauf dies Muhammad seinen Leuten mitteilte und anschließen Kaʿb von einigen der Ansār getötet wurde. Am nächsten Morgen zog Muhammad gegen die Juden aus und belagerte sie. Die Juden beklagten gerade den Tod Kaʿbs, der ihr Anführer war. Nach einer Zeit der Belagerung ergaben sich die Juden und es wurde beschlossen, dass sie Madina verlassen.
    Die gleichen Angaben sind außerdem bei aṯ-Ṯaʿlabī (gest. 427), az-Zamaḫšarī (gest. 538), aṭ-Ṭabrasī (gest. 548), ar-Rāḏī (gest. 606).
    Eine zusätzliche Information liefert eine auf as-Suddī zurückgehende Überlieferung bei aṭ-Ṭabarī, wonach nach den Ereignissen bei Biʾr Maʿūna, wo einige Muslime versehentlich Mitglieder der verbündeten Banū ʿAmir getötet hatten und diese Blutzoll verlangt hatten, Muhammad von den verbündeten Banū Nāḍīr einen Anteil an dem Blutzoll zu übernehmen verlangt hatte und diese sich dann geweigert hatten. Die Juden beschlossen gleichzeitig Muhammad zu töten, was dem Propheten jedoch durch Gabriel bekannt gegeben wurde. Kaʿb floh daraufhin nach Makka und schloss einen Angriffsbund mit den Makkanern.
    Uri Rubin tendiert deshalb die Tötung Kaʿbs auf einen Zeitpunkt nach der Schlacht von ʿUḥūd zu legen, weil alle Gelehrten sich einig sind, dass die Geschehnisse bei Biʾr Maʿūna nach der Schlacht bei ʿUḥud statfanden.
    Letztendlich lässt sich festhalten, dass die Tötung Kaʿbs mit seiner feindlichen Haltung, wozu der Plan zur Ermordung Muhammads und der Kriegspakt mit den Quraysh gegen die Muslime in Madina gehört, zusammenhängt. Dies fand höchstwahr-scheinlich nach der Schlacht bei ʿUḥud in Folge der Ereignisse des Biʾr Maʿūna statt.
    Anzumerken ist, dass Islamwissenschaftler wie Tilman Nagel oder Hans Jansen die Berichte in den Sira-Werken zu diesem Ereignis keiner kritischen Überprüfung unterziehen, sondern weitgehend übernehmen, weil es in ihren Konzept passt, den Ge-sandten Gottes Muhammad, als den Vorläufer der heutigen muslimischen Terroristen zu zeigen. Alternative Überlieferungen, die die wahren Schuldigen zeigen, werden nicht in Betracht gezogen.

  • Selam,

    „Grundsätzlich ist festzuhalten, dass in den Korankommentaren die Tötung Kaʿbs im Zusammenhang mit der Vertreibung der Banū Nāḍīr steht und dies einer der wesentlichen Unterschiede zu den Sīra-Werken ist“

    Das Muqatil (gest. 767) Ka´b b. al-Aschraf in Zusammenhang mit der Vertreibung der Banu Nadir kommentiert, gibt immer noch keinen aufschlussreichen Anlass dazu, dass dieses Ereignis sich unmittelbar nach Uhud ereignet haben soll. Es ist nicht verwunderlich, dass Muqatil, Ka´b ibn al-Aschraf mit dem Stamm Banu Nadir assoziert, das dieser einer ihrer Anführer war. So wird berichtet, dass erst mit dem Tod von Ka´b, die Banu Nadir wirkungsvoll eingeschüchtert wurden.
    Aus der Kommentierung von Muqatil, kann insbesondere auf Grund der nicht-Datierung des Todeszeitpunktes von Ka´b, keine historisch- chronologische Geschehnisse abgeleitet werden.

    Außerdem haben tatsächlich nicht alle Koran Exegeten die Tötung von Ka´b, mit der Vertreibung der Banu Nadir im Zusammenhang gesehen, so z. B: Ebul leys Samarkandi (gest. 983).

    Samarkandi (gest. 983) erwähnt explizit in seinem Tafsir, dass Ka´b nach Badr und nicht nach Uhud getötet wurde. Hier eine kurze Zusammenfassung in türkisch, zu den Anfangsversen der Sure 59 al-Hashr:

    „Bedir Savaşından sonra daha da hırçinlaştılar. Benî Nadir’in reisi „Ka-ab bin Eşref’di. Bu adam: „Vallahi Muhammed Kureyşin ileri gelenlerini öldürmüşse eğer, yerin altı bize yerin üstünden daha hayırlıdır,“ dedi. Daha da şirretleşerek, rnüslüman kadın ve kızlara aşk şiirleri okumaya başladı. Bu iflah olmaz herifin gövdesini ortadan kaldırtmak için Rasûlullah (s.a.v) „Muhammed bin Mesleme“yi gönderdi. Onu gebertti.

    Bu hengâmede Kaynûka yahûdileri daha da ileri giderek bir Müslüman kadının örtüsünü açtılar. Bunun üzerine bir fırtına koptu. Çıkan olayda bir müslüman ile bir yahûdi öldürüldü. Rasûlullah onlara nasihat etti. Fakat: Ya Muhammed! Biz savaş bilmeyen Kureyş değiliz. Bizimle savaşırsan cesaretin ne olduğunu görürsün!“ dediler. Bu anlaşmayı bozmak demekti. Onbeş gün mahalle ablukadan sonra orayı ettiler.

    Uhud savaşından sonra cesaretleri artmaya başladı. Benînadir Hz. Peygambere suikast tertipledi. Fakat bu olay gerçekleşmedi. Bunun üzerine Rasûlullah (s.a.v) onlara şu ültimatomu gönderdi. „On gün içinde Medîneyi terkedin. Kim kalırsa öldürülecektir!“ Münafıkların başı „Abdullah bin Übey b. Selûl“ onlara destek çıkınca bu emre karşt koydular. Rasûlullah 4; hicrî asırda Rebîulevvel ayında onları birkaç gün kuşatmadan sonra silahlarını bırakarak göçe zorlar. Bu sûre bu olayları ayrıntılı anlatır“.

    Professor Hartmut Bobzin schreibt zu Ka´bs Tötung folgendes: „dass Mohammed den ihm feindlich gesonnenen jüdischen Dichter Ka´b ibn al-Asraf im Jahr 624 in Medina beseitigen ließ“ (Mohammed, S. 63).

    Bekanntermaßen fand die Schlacht in Badr im Jahre 624 statt. Uhud wird dagegen in das Jahr 625 datiert (siehe hierzu: Der Islam in Daten, S. 23, Gerhard Endreß).
    Wenn Ka´b also im Jahre 624 getötet wurde, so würde das in die Zeit von Badr (624) einzuordnen sein.

    Zudem schreibt Bobzin über die Zuverlässigkeit von Ibn Ishak (geb. 704), dass er vor allem durch die Angabe der Isnade eine zuverlässige Quelle darstellt: “ Ibn Ishaks Werk vermittelte nicht zuletzt durch die „Isnade“, aber auch durch das Material an Dokumenten und Listen den Eindruck großer historischer Zuverlässigkeit“ (Mohammed, S. 38).

    Auch abu Dawud (gest.889) schildert die Ereignisse nach der Chronologie nicht anders als ibn Ishak. In seiner Hadith-Sammlung wird ausdrücklich erwähnt, dass die Tötung von Ka´b nicht zeitgleich mit der Vertreibung der Banu Nadir erfolgte. Denn unmittelbar nach seinem Tod, beschloss der Prophet ein Abkommen mit den Jüdischen Stämmen, darunter dem Stamm der Banu Nadir (siehe hierzu: Sunen abu Dawud, Hadit-Nr. 3000).

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