Muhammad (s) auch ein Prophet für Christen?

 

 

Als im zweiten Vatikanischen Konzil (1965) in der Erklärung über die „nichtchristlichen Religionen“ erstmals auch positiv Bezug auf die Muslime genommen wurde, besonders mit dem folgenden Satz: „auch die Muslime mit Hochachtung betrachtet, die den alleinigen Gott anbeten“, war dies zweifelsohne ein erheblicher Fortschritt der Katholischen Kirche. Damit wurde der Grundstein für den institutionellen Dialog mit den Muslimen gelegt.

Für viele Muslime ist der Abschluss des II Vatikanums jedoch nicht ausreichend formuliert worden. Der Grund ist, dass weder in der Enzyklika der Name von Muhammad (s), noch der Koran namentlich erwähnt werden. Wie empfindlich Muslime auch heute darauf reagieren, kann aus den folgenden Zeilen entnommen werden: „Zwar hatte die katholische Kirche 1965 zum Abschluss des II. Vatikanischen Konzils endlich ihren Anspruch aufgegeben, alleinseligmachend zu sein (extra ecclesiam nullasalus) und den Islam als einen Weg zum Heil anerkannt. Trotz der Bemühungen… hat Rom den logischen nächsten SchrittMuhammad als Führer auf diesem Weg (und damit den Koran als eine authentische göttliche Offenbarung) anzuerkennen- jedoch noch nicht getan(Reise nach Mekka, S. 187, Murad Wilfried Hofmann).

Kann denn ein Christ von seinem Glauben her überhaupt Muhammad (s) als einen Propheten würdigen und dazu noch den Koran als eine göttliche Offenbarung betrachten?

Eine nicht zu unterschätzende Anzahl von christlichen Theologen haben sich intensiv  mit dieser Frage auseinandergesetzt, so z.B. der Professor für Evangelische Theologie Paul Schwarzenau: „Der tiefste gefühlsmäßige und zugleich theologische Einwand gegen den Koran aber dürfte für den Christen in der Frage bestehen: Wie kann nach Christus eine weitere Offenbarung Gottes überhaupt möglich sein. Eine Offenbarung, die die Aussage der Bibel korrigieren, ergänzen und vollenden will? Ist Christus nicht das Ende aller Religionen, ja in einem bestimmten Sinn das Ende der Zeit?“ (Korankunde für Christen, S. 7, Paul Schwarzenau).

Der Jesuitenpater Professor Christian Troll, verfasste im Jahre 2007 einen Artikel mit der Überschrift „Muhammad-Prophet auch für die Christen?“ und machte dabei deutlich, dass kein gläubiger Christ an die Prophetie Muhammads (s) glauben könne. So schreibt Troll in seinem Aufsatz: „Der Jesus des islamischen Glaubens identifiziert sich mit der Botschaft des Korans und lebt nach koranischer Vorschrift. Diesen Jesus anzuerkennen kostet den Muslim sozusagen nichts. Akzeptiert dagegen ein Christ ernstlich Muhammads Anspruch, der wahre und letzte Prophet zu sein, dann wendet er sich gegen das Zeugnis der wichtigsten Glaubensdokumente der Christenheit“ (Stimmen-der-Zeit, S. 291, 5/2007).

Troll kommt deshalb zu der folgenden Schlussfolgerung: „Wäre es deshalb vorzuziehen, von Muhammad als einem Propheten im Sinn der Propheten des Alten Bundes zu sprechen? Es ist kaum anzunehmen, dass die Muslime diese Option zufrieden stellen würde. Wenn ein Christ sagte, Muhammad ist ein Prophet, ohne Muslim zu werden, dann kennt er in ihren Augen entweder seine eigene (christliche) Religion nicht, oder er ist ein Heuchler“ (Christian Troll, Stimmen-der-Zeit, S. 294, 5/2007).

Professor Hans Küng widerspricht Christian Troll vehement und plädiert in aller Öffentlichkeit, dass die Zeit für den Christen gekommen ist, Muhammad (s) endlich als einen würdigen Propheten ohne Scheu anzuerkennen. Für Küng besitzt Muhammad (s) alle qualitativen Eigenschaften eines Propheten in der Folge des Alten und Neuen Testaments, die nicht einfach von der Hand abzuweisen sind. Küng geht noch einen Schritt weiter und unterstreicht dabei, dass der Koran als ein von Gott und nicht von Muhammad (s) offenbartes Buch sei: „Können wir ausschließen, dass einzelnen Menschen hierbei auch besondere Erkenntnis geschenkt, eine besondere Aufgabe übertragen, ein besonderes Charisma zuteil wurde? Und könnte dies aufgrund all des Gesagten nicht auch gerade für Muhammad, den Propheten aus dem heidnischen Arabien, der Fall sein? „Extra Ecclesiam gratia“, außerhalb der Kirche Gnade! Wie immer: wenn wir schon Muhammad als nachchristlichen Propheten anerkennen, dann werden wir konsequenterweise auch zugeben müssen, worauf es den Muslimen am allermeisten ankommt: dass Muhammad seine Botschaft nicht einfach aus sich selber hat, dass seine Botschaft nicht einfach Muhammads Wort, sondern Gottes Wort ist“ (Christentum und Weltreligionen, S. 56, Hans Küng).

Die Aufforderung von Hans Küng an die Prophetie Muhammads zu glauben, wurde bereits  im Anfang des 9. Jahrhunderts vom ostsyrischen Katholikos Timotheos I. (gest. 823) durch grundlegende Prinzipen und Perspektiven zugrunde gelegt. Auch dieser forderte die Christen von damals dazu auf, Muhammad (s) als einen Propheten im Sinne des Alten Testaments anzuerkennen. Muhammad (s) habe wie Abraham das Volk Israel, sein Volk die Araber von der Verehrung der Götzen des Polytheismus zum Glauben an den einen Gott geführt (siehe hierzu: Jesus und Muhammad, S. 65, Wolfgang Klausnitzer).

Ob sich der Glaube an die Prophetie Muhammads (s) in absehbarer Zeit, in den organisierten Kirchen durchsetzen wird, bleibt weiterhin fraglich. Die hauptsächliche Sorge der Kirchen würde vor allem sein, den eigenen Glaubensanspruch (als die letzte und vollkommenste Religion) erheblich relativieren zu müssen. Verständlicherweise gibt es unter den Großkirchen (Protestantismus, Katholizismus und der Orthodoxen) unterschiedliche Stellungnahmen und Positionen zu anderen Glaubensrichtungen. Das vermutlich größte Hindernis auf die Anerkennung Muhammads (s) liegt in den historisch-christlichen Beschreibungen über den Propheten des Islam. Der christlich orthodoxe Theologe Johannes von Damaskus (gest. 750) beschrieb Muhammad (s) in seinem Werk „Quelle der Erkenntnis“ (griech. Pege gnoseos), als einen Irren und als Vorläufer des Antichristen: „dem bis jetzt herrschenden Glauben der Ismaeliten, der das Volk in die Irre leitet und als Vorläufer des Antichristen anzusehen ist“. Erstaunlicherweise benutzt Johannes von Damaskus um die Muslime zu beschreiben, den Begriff „Ismaeliten“ und nicht die übliche Selbstbeschreibung für die Anhänger des Islam als die „Muslime: „Sprich: „O Volk der Schrift (gemeint sind hier die Christen), kommt herbei zu einem gleichen Wort zwischen uns und euch, dass wir nämlich Gott allein dienen und nichts neben Ihn stellen und dass nicht die einen von uns die anderen zu Herren nehmen außer Gott.“ Und wenn sie sich abwenden, so sprecht: „Bezeugt, dass wir (Ihm) ergeben (arabisch: muslimun) sind“ (Koran 3:64).

Wie viele seiner Zeitgenossen betrachtete Johannes den Islam als keine eigenständige Religion, sondern als eine häretisch christliche Sekte: „Sie waren bis zur Zeit des (byzantinischen Kaisers) Herakleios (reg. 610-641) Götzendiener. Da aber trat unter ihnen ein falscher Prophet auf „Mamed“ genannt (gemeint ist Muhammad), der eine eigene Irrlehre ins Leben rief, nachdem er flüchtig Kenntnis vom Alten und Neuem Testament gewonnen hatte und zugleich offenbar mit einem arianischen Mönch zusammengetroffen war… (zitiert aus: Buch der Häresien).

Wie prägend und wirkungsvoll die Zeilen von Johannes auch heute noch relevant sind, steht bei näherer Betrachtung der christlichen Quellen außer Frage. Tatsächlich leidet das Ansehen des Propheten unter dem Prädikat „Antichristen“ seit Jahrhunderten bis in unsere Tage hinein. Selbst Martin Luther (gest. 1546) verwendete die denunzierenden Eigenschaften eines Antichristen besonders auf die aufstrebenden Türken, die als Vertreter des muslimischen Glaubens schlechthin galten: „Der Türke ist Gottes Rute und des Teufels Diener, das hat keinen Zweifel(siehe hierzu: „Die Türkengefahr als Strafe Gottes“- Passage aus der Lutherschrift.Siehe auch: Islamfeindlichkeit in Deutschland, S. 38, Achim Bühl).

Hans Zirker Professor für katholische Theologie, beschäftigte sich ernsthaft mit der Frage, ob es für einen gläubigen Christen denn überhaupt möglich sei, an den Koran als Gottes abschließende Offenbarung glauben zu können. Der Glaube an die authentische Prophetenschaft Muhammads (s) würde den eigenen religiösen Wahrheitsanspruch auf dem Prüfstand stellen. Deshalb könne diese Frage nur individuell beantwortet werden. Eine allgemein kirchliche Stellungnahme wird es auch in Zukunft nicht geben können. Zirker schreibt dazu: Eine allgemein gültige christliche Bewertung des Koran ist aber auch nicht zu erwarten. Er gehört nicht zu den fundamentalen Zeugnissen des christlichen Glaubens. Es ist nicht absehbar, wie die Kirchen mit der ihnen zukommenden Autorität über die Bedeutung dieses Buchs befinden sollten. Dazu fehlt ihnen die Kompetenz (Der Koran-Zugänge und Lesarten, S. 185, Hans Zirker).

 

 

 

 

 

ÜBER DEN AUTOR

Ecevit Polat

9 Kommentare

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  • Hans Küng for President! Seine Werke sollte man unbedingt studieren… und danke für diesen tollen Artikel lieber Herr Munzur. Vor allem die Stelle mit dem ostsyrischen Katholikos Timotheos I. (gest. 823) hat mich schockiert. Du bist ein echter Quellenfreak!

  • Wieder mal ein sehr interessanter Text. Dass Hans Küng ein gern zitierter Theologe ist, ist aus Sicht von Muslimen durchaus verständlich.
    Allerdings kann man viele seiner Aussagen mit nicht allzu viel Bibelwissen hinterfragen bzw. widerlegen.

    Die Aussage des Artikels „Das vermutlich größte Hindernis auf die Anerkennung Muhammads (s) liegt in den historisch-christlichen Beschreibungen über den Propheten des Islam.“ sehe ich allerdings ganz anders.
    Ich denke, dass das größte Hindernis für Christen, Mohammed als Propheten Gottes und den Koran als Wort Gottes anzuerkennen ist, dass die Botschaft des Koran der Botschaft der Bibel sehr stark widerspricht.

    Wie soll man annehmen können, dass die Aussagen des Koran, Jesus wurde nicht gekreuzigt und ist nicht Gottes Sohn, mit den Aussagen der Bibel über Kreuzigung und Gottessohnschaft Jesus übereinstimmen?

    Wenn man als Christ den Koran als Gottes Offenbarung und Mohammed als Propheten Gottes annehmen will, müsste man meiner Meinung nach, ähnlich wie Hans Küng, viele biblische Aussagen ablehnen und damit das eigene Glaubensfundament verlassen.

  • Sehr interessanter Anstoß zum Dialog!

    Es ist ja die Frage wenn es nur einen Gott gibt wie sich doch die 3 eigentlich aufeinanderbauenden monotheistischen Religionen soviel auf Unterschiede konzentrieren – im Koran steht dazu:

    49:13 Ihr Menschen! Siehe, wir erschufen euch als Mann und Frau
    und machten euch zu Völkern und zu Stämmen, damit ihr einander
    kennenlernt. (Bobzin)

    11:117. Dein Herr würde nie Städte ungerechterweise (andere Interpretation dazu : Razi zB: wegen unrechter Glaubensvorstellungen allein) vernichten, solange ihre Bewohner rechtschaffen sind.

    118. Und wenn dein Herr es gewollt hätte, hätte Er alle Menschen gewiss zu einer einzigen Gemeinschaft gemacht. (!) Doch sie werden nicht aufhören, uneins zu sein,

    119. Außer denen, deren sich
    dein Herr erbarmt, und dazu hat Er sie erschaffen, Und das Wort deines Herrn soll in Erfüllung gehen:
    „Wahrlich, füllen will ich die Hölle vollständig mit Dschinn und Menschen, alle zusammen,“ 120. Mit dem, was
    Wir dir von den Geschichten der Gesandten berichten, festigten Wir dein Herz. (Hofmann)

  • Ich sage nur

    Gal 1,8 Aber auch wenn wir oder ein Engel vom Himmel euch ein Evangelium predigen würden, das anders ist, als wir es euch gepredigt haben, der sei verflucht.

    Gal 1,9 Wie wir eben gesagt haben, so sage ich abermals: Wenn jemand euch ein Evangelium predigt, anders als ihr es empfangen habt, der sei verflucht.

    2Kor 11,14 Und das ist auch kein Wunder; denn er selbst, der Satan, verstellt sich als Engel des Lichts.

  • Schnuffel

    Im Koran steht zigfach das Dieser das Evangelium (auch Tora) BESTÄTIGT es steht außerdem:

    5:47:Die Leute des Evangeliums sollen (nun) nach dem entscheiden, was Allah darin herabgesandt hat. Diejenigen, die nicht nach dem entscheiden, was Allah (als Offenbarungsschrift) herabgesandt hat, sind die (wahren) Frevler.

    Der Koran sieht Tora Evangelium und Koran in ihren Hauptanliegen als GLEICH an…

  • Bleibt die Frage offen, warum Küng dann nicht zum Islam übertritt? Da muss es wohl gravierende Unterschiede geben. Im Christentum ist Jesus der Sohn Gottes, im Islam nicht. Moslems behaupten, unsere heiligen Schriften wären gefälscht worden. Wo ist der Beweis? Hat Mohammed nicht wiederholt gegen Christen und Juden gehetzt und gesagt: „Macht sie euch nicht zum Freunde, oder schlagt sie tot“. Wie kann man sowas akzeptieren als Christ?
    Wir können und müssen uns gegenseitig respektieren, aber die Unterschiede sind deutlich genug um sich abzugrenzen. Mohammed verleugnet die Bedeutung von Jesus, also kann ein Christ ihn nicht als wahrhaft ansehen. Wenn Jesus der Sohn Gottes ist, dann ist Mohammed ihm untergeordnet. Es tut mir leid, aber das sind Fakten.

  • Aus rein logischer Sicht kann Jesus nicht Gottes leiblicher Sohn gewesen sein. Er war ein Mensch, ein Prophet. Im Koran wird den Gläubigen befohlen, keinen Unterschied zwischen den Gesandten zu machen, da sie alle dieselbe Botschaft predigten und somit kein Prophet dem Anderen übergeordnet ist. Die Muslime selbst behaupten auch nicht, dass Muhammad über Jesus steht.
    Du sagtest, dass im Christentum Jesus Gottes Sohn ist und im Islam nicht. Im Islam ist auch Jesus Gottes Sohn – aber in rein metaphorischem Sinne.
    Der Beweis, dass die Bibel gefälscht wurde, ist, dass Paulus die Bibel verfasst hat, einer der 300 Jahre später als Jesus lebte und somit niemals mit Jesus Kontakt haben könnte. Dass Muhammad gegen die Juden und Christen hetzte nur weil Sie Juden oder Christen waren, stimmt so nicht. Der Einzige, der hier hetzt, bist du. Wenn Muhammad gegen Juden oder Christen Krieg geführt hatte, gab es dafür seine Gründe, wie zum Beispiel Hochverrat seitens der Juden während des Krieges.
    im Gegenteil, im Koran wird den Gläubigen befohlen, mit denen Freundschaft zu schließen, die nicht deren offenkundiger Feind ist.

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