In der islamischen Rechtslehre herrschen heute zwei unterschiedliche Positionen, bzgl. der praktischen Anwendungen der Körperstrafen.
Der Koran sieht für wenige, schwere Delikte Körperstrafen, einschließlich der Todesstrafe vor (5:33, 38, 45; 24:2)
Sie werden als „hudud“ bezeichnet, für viele als unantastbare von Gott gesetzte „Grenzen“.
Zum Händeabhacken heißt es in Vers 38 der Sure 5:
“Dem Dieb und der Diebin schneidet ihr die Hände ab, als Vergeltung für das, was sie begangen haben, und als abschreckende Strafe von Allah“.
In einigen wenigen islamischen Ländern werden diese Strafen vollzogen.
Allerdings wurden die hudud- Strafen in klassischer Zeit äußerst selten vollzogen. Auch die islamischen Rechtsgelehrten haben sie als hart empfunden und sehen sie nur als Mittel für extreme Fälle. Die klassische Rechtslehre hat wegen der gravierenden Strafwirkung eine Vielzahl von Strafvoraussetzungen entwickelt, die praktisch unerfüllbar sind.
1. Unbewachte Objekte: Stiehlt jemand ein ungesichertes Objekt, entscheidet ein islamisches Gericht über die Strafe; das Amputieren der Hand ist nicht zwingend angeordnet. Der Richter kann eine mildere Strafe festlegen.
2. Menge der gestohlenen Güter: Juristen sind sich uneinig darüber, wie viel Güter gestohlen werden müssen, damit diese Strafe gerechtfertigt ist. Die Mehrheit der Juristen ist sich einig, das geringfügiger Diebstahl nicht mit dem Verlust einer Hand bestraft werden darf, zumal wenn es sich um einen Ersttäter handelt.
3. Diebstahl von Notwendigem: Die Strafe wird nicht angewendet, wenn jemand aus Verzweiflung stiehlt, um überleben zu können. Stiehlt ein Obdachloser bei extremer Kälte einen Mantel, wird diese Strafe nicht verhängt.
Muhammad Asad widmet dieser Problematik in seiner Fußnote 48 zu 5:38 eine ganze Seite, die mit der kategorischen Feststellung endet: “(Die Strafe) ist nur anwendbar im Rahmen eines voll funktionierenden sozialen Systems, und unter keinen anderen Umständen”. (Botschaft des Koran, Verlag Patmos)
Stellvertretend für die andere Sichtweise ist Professor Abu Zaid:
„Warum führt der Koran solch drastische Strafen auf? Nun, weil es die üblichen, die verfügbaren Strafen waren! Der Koran hat sich diese Strafen nicht ausgedacht, sondern es waren die Strafen, die die Gesellschaften damals angewendet haben.“ (Abu Zaid, Mohammed und die Zeichen Gottes, S.175)
Im Werk von Muhammed b. Habib „Kitabu’l-Muhabbar, S.327-28 Beyrut“ wird ausführlich dokumentiert, dass die Körperstrafen in der vor islamischen -Zeit, gängige Praxis war.
Der ehemalige Sheikh der Al-Azhar Universität, Mahmoud Shaltut, ist auch der Ansicht, dass die Körperstrafen nicht mehr zeitgemäß sind. (siehe hierzu: Al Islam, Glaube und Gesetz, S. 299, 10. Auflage. Kairo-Beyrut 1980)
Der frühere sudanesische Parlamentspräsident Dr. Hasan al- Turabi kommentierte auch diese Angelegenheit wie folgt:
„Diese Strafen sind nicht mehr zeitgemäß“. (Interview in Der Spiegel 21/1998)
Wenn diese Form des Bestrafens nicht genuin koranisch ist, wenn der Koran sie also nicht ins Leben gerufen hat, sondern sich ihrer nur bedient- was ist also das Wesentliche an den koranischen Aussagen zur Bestrafung? Hier zählt nicht der Buchstabe der gesetzlichen Regulierungen, sondern es kommt auf die tiefere Bedeutungsebene an, darin liegt die ethische Botschaft.
Tesekkür ederim Dir Ecevit, für die Ausarbeitung dieses schon viel diskutierten Thema’s!
Zum Abschlagen der Hand bei Diebstall hat Prof Yasar Nuri Öztürk hinzugefügt, dass damit nicht gemeint ist dem Dieb die Hand ABZUSCHNEIDEN sondern Ihn zu brandmarken durch ANSCHNEIDEN der Hand (Yasar Nuri Öztürk – der verfälschte Islam)
Zur Sura 5:33 ist auch anzumerken das Krieg nur im Falle der Verteidigung zur Anwendung kommen darf