Nach der offiziellen islamischen Geschichtserzählung war der Prophet des Islam gleichzeitig mit mehr als vier Frauen verheiratet. Es ist heute noch unter den muslimische Gelehrten strittig, ob es insgesamt neun, zwölf oder fünfzehn Frauen waren. Imam Kurtubi war sogar der Ansicht, dass es bis zu zweiundzwanzig Frauen waren (siehe hierzu: Kurtubi, „el-Cami’ li-Ahkami’l-Kur’an“ 14/241-243).
Obwohl der Koran unter bestimmten Voraussetzungen die Anzahl der Frauen zur Heirat auf vier begrenzt, soll der Prophet privilegiert sein, mehr als vier Frauen zu ehelichen.
„Und wenn ihr fürchtet, in Sachen der Waisen nicht recht zu tun, dann heiratet, was euch an Frauen gut ansteht, (ein jeder) zwei, drei oder vier.Und wenn ihr fürchtet, nicht gerecht zu behandeln, dann (nur) eine,oder was ihr besitzt! So könnt ihr am ehesten vermeiden, unrecht zu tun“ (4:3). Dieser Koranvers wurde unmittelbar nach der Schlacht von Uhud im Jahre 625 offenbart. Der pakistanische Korankommentator Abu A’la Maududi (gest. 1979) schrieb dazu: „In diesem Krieg starben 70 muslimische Männer im Gefecht mit den Mekkanern, die größtenteils Kinder und Frauen hinterließen“ (Tefhimul Kuran, Bd. 1, S. 321).
Die Gelehrten, die die Heirat des Propheten mit mehr als vier Frauen rechtfertigen, stützen sich auf den folgenden Vers:
„O Prophet, Wir haben dir (zu heiraten) erlaubt: deine Gattinnen, denen du ihren Lohn gegeben hast… auch eine (jede) gläubige Frau, wenn sie sich dem Propheten (ohne Gegenforderung) schenkt und falls der Prophet sie heiraten will: Dies ist dir vorbehalten unter Ausschluß der (übrigen) Gläubigen – Wir wissen wohl, was Wir ihnen hinsichtlich ihrer Gattinnen und dessen, was ihre rechte Hand (an Sklavinnen) besitzt, verpflichtend gemacht haben -, damit für dich kein Grund zur Bedrängnis bestehe“ (33:50).
Was genau ist mit „Dies ist dir vorbehalten unter Ausschluß der (übrigen) Gläubigen“ gemeint? Um diesen Vers in seiner Gesamtheit zu verstehen, ist es erforderlich, andere Koranverse in Betracht zu ziehen. Hat der Koran denn nicht versichert „Wir haben im Buch nichts vernachlässigt“ (6:38) und „(Dies ist) ein Buch, dessen Zeichen eindeutig festgefügt und hierauf ausführlich dargelegt sind von Seiten eines Allweisen und Allkundigen“ (11:1).
Der Koranvers 33:50 „ wenn sie sich dem Propheten (ohne Gegenforderung) schenkt und falls der Prophet sie heiraten will“ wird erst im Zusammenhang mit Vers 4:4 im Koran näher erläutert, in welcher Angelegenheit der Prophet denn tatsächlich anderen Gläubigen bevorzugt wurde. Hier heißt es nämlich „Und gebt den Frauen ihre Morgengabe als Geschenk. Wenn sie für euch aber freiwillig auf etwas davon verzichten, dann verzehrt es als wohlbekömmlich und zuträglich“ (Koran 4:4).
Der ehemalige Religionsminister der Türkei Prof. Süleyman Ates schrieb zu 4:4 folgendes: „Nach diesem Vers, hat jede Frau das Anrecht von ihrem zukünftigen Mann, eine Morgengabe (mahr, Alterssicherung) zu erhalten. Es ist eine Pflicht (fard) des Mannes, ihr die Morgengabe zu geben“ (Yüce Kuranin Cagdas Tefsiri, Bd. 2, S. 202).
Das Privileg des Propheten im Gegensatz zu seinen Gefährten lag hauptsächlich daran, dass er nicht verpflichtet war, eine Morgengabe den Frauen auszuhändigen. Das wird im folgenden Koranvers deutlich zur Aussprache gebracht:„ wenn sich (die Frauen) sich dem Propheten (ohne Gegenforderung) schenkt und falls der Prophet sie heiraten will“ (33:50).
Der Koranvers 4:4 betont explizit, dass alle Männer (ausgenommen der Prophet) dazu angehalten sind, eine Morgengabe zu entrichten. „Und gebt den Frauen ihre Morgengabe als Geschenk. Wenn sie für euch aber freiwillig auf etwas davon verzichten, dann verzehrt es als wohlbekömmlich und zuträglich„.
Die Höhe dieses Geldes variiert, es soll auf jeden Fall die Frau im Scheidungsfall mindestens 4 bis 6 Monate versorgen können. In Zeiten, wo es noch keine soziale Absicherung, oder gar staatliche Fürsorge gab, war es eine beträchtliche Erleichterung für die Frau (siehe hierzu ausführlich: Sure 65 Vers 1-6).
Im neunten Jahrhundert berichtete der arabische Historiker ibn Saad (gest. 845), dass Muhammed (a) nicht mehr als mit vier Frauen gleichzeitig verheiratet war. So beschreibt Ibn Saad in einer der bis heute ältesten erhalten gebliebenem Geschichtsbuch: „Der Prophet wollte sich von einigen seiner Frauen scheiden lassen. Als der Vers 33:51 „Du darfst zurückstellen, wen von ihnen du willst, und du darfst bei dir aufnehmen, wen du willst. Und wenn du doch eine von denjenigen begehrst, die du abgewiesen hast, dann ist das für dich keine Sünde“ offenbart wurde, ließ sich Muhammed (a) von fünf seiner Frauen scheiden, und behielt vier seiner Frauen in der Ehe. Die fünf geschiedenen Frauen hießen, Ummu Habibe, Safiyye, Cuveyriye, Sevde und Meymune“ (ibn Saad, et-Tabakatu ´l Kubra, Bd. 8, S. 196, siehe auch: ibn Habib, Muhabbar, S. 92).
Es ist in der heutigen Zeit sehr erstaunlich, dass kaum ein Biograph des Propheten darüber berichtet hat. Auch aus der Feder von nicht-muslimischen Islamwissenschaftlern, scheint die Schilderung von ibn Saad ausnahmslos entgangen zu sein.
Auch der bekannte Historiker und Zeitgenosse von ibn Saad, al-Balazuri (gest. 892) berichtete eine ähnliche Version. Balazuri fügte im Vergleich aber auch die vier Namen der Frauen hinzu, welche der Prophet als Ehefrauen bei sich behielt: „Als der Vers 33:51 offenbart wurde: „Du darfst zurückstellen, wen von ihnen du willst, und du darfst bei dir aufnehmen, wen du willst. Und wenn du doch eine von denjenigen begehrst, die du abgewiesen hast, dann ist das für dich keine Sünde“ , ließ sich der Prophet von diesen Frauen scheiden„:“Sevde, Ummu Habibe, Safiyye, Cuveyriye und Meymune und mit diesen Frauen „Aisa, Hafsa, Zaynap und Ummu Seleme führte er seine Ehe weiter“ (al- Balazuri, ansab al-aschraf, Bd. 1, S. 556).
Muhammed Hamidullah (gest. 2002) war der erste Propheten-Biograph des 20. Jahrhunderts, der die außergewöhnlich ehelichen Beziehungen von Muhammed (a) nicht tabuisierte. Hamidullah schrieb in seinem viel beachteten Werk: „Von nun an sollte der Prophet nur noch mit vier von seinen insgesamt neun Frauen die Ehe führen. Da die übrigen fünf Frauen nicht geschieden werden wollten, und unter allen Umständen in der Obhut des Propheten zu sein wünschten, so blieben sie mit dem Zugeständnis des Propheten nur noch im rechtlichen Sinne seine Ehefrauen. Die naturgemäße eheliche Beziehung, wurden nur noch mit seinen vier Frauen geführt“ (Islam Peygamberi, S. 572-573).
Der Theologe und Publizist Dr. Mehemt Azimli schlussfolgert deshalb: „Wir können mit Gewissheit davon ausgehen, dass der Prophet die Anzahl von vier Frauen in der Ehe nie überschritt“ (Siyeri Farkli okumak, S. 422-423).
Azimli erhält Zustimmung auch von Mustafa Islamoglu, dem in der Türkei einflussreichen Gelehrten . Nach Islamoglu überschritt der Prophet in seinem aktiven Eheleben nicht die Anzahl von vier Frauen. Da der Prophet bis zur Offenbarung des Koranverses 33:51-52 die Möglichkeit gehabt hatte, seine Frauen auszutauschen. Nach der Herabsendung dieser Verse, durfte er keine Frauen mehr eintauschen. Trotzdem wurde die Zahl von vier nie überschritten (Hayat Kitabi Kuran, S. 837, Fußnote 7).
Wie viele Frauen der Prophet letztendlich insgesamt hatte, kann wie oben angeführt ist, nicht genau ermittelt werden. Das liegt vor allem daran, dass eine Fülle von verschiedenen Überlieferungen sich im Umlauf befinden. Es kann aber mit Sicherheit angenommen werden, dass er nur mit vier Frauen eine aktive Ehe geführt hatte. Nach der Offenbarung von al- Ahzab 50-52 wurde es ihm verwehrt, jemals wieder Ehefrauen auszutauschen:
„O Prophet, Wir haben dir (zu heiraten) erlaubt: deine Gattinnen, denen du ihren Lohn gegeben hast… auch eine (jede) gläubige Frau, wenn sie sich dem Propheten (ohne Gegenforderung) schenkt und falls der Prophet sie heiraten will: Dies ist dir vorbehalten unter Ausschluß der (übrigen) Gläubigen – Wir wissen wohl, was Wir ihnen hinsichtlich ihrer Gattinnen und dessen, was ihre rechte Hand(an Sklavinnen) besitzt, verpflichtend gemacht haben -, damit für dich kein Grund zur Bedrängnis bestehe.
Du darfst zurückstellen, wen von ihnen du willst, und du darfst bei dir aufnehmen, wen du willst. Und wenn du doch eine von denjenigen begehrst, die du abgewiesen hast, dann ist das für dich keine Sünde. Das ist eher geeignet, daß sie frohen Mutes, nicht traurig und daß sie alle mit dem zufrieden sind, was du ihnen gibst.Gott weiß, was in euren Herzen ist. Allah ist Allwissend und Nachsichtig. Darüber hinaus ist dir weder erlaubt, Frauen zu heiraten noch sie gegen (andere) Gattinnen einzutauschen, auch wenn ihre Schönheit dir gefallen sollte, mit Ausnahme dessen, was deine rechte Hand (an Sklavinnen) besitzt. Und Allah ist Wächter über alles“ (30:50-52).
Siehe auch: http://tavhid.de/?p=1196
HEFTIG! Sehr guter Artikel Bruder!
selam abi! Eine sehr gute Alternative als Gegensicht, dass der Prophet mehr als 4 Ehefrauen hatte. Sehr interessant!! Ellerine saglik, dies werde ich als Gegenposition auf meinem Artikel verlinken..
wslm
Ich zitiere an dieser Stelle den tollen Buchtitel von Pr.Dr.A.Bayindir:
„doğru bildiğimiz yanlışlar“… Passt wie die Faust auf’s Auge 🙂
… wieder eine tolle Ausarbeitung zu einem strittigen Thema! Toll! Wie immer geteilt!! 😀