Es gibt viele Gemeinsamkeiten in der Religion zwischen den Christen und Muslimen. Zum Beispiel der fundamentale Glaube an Gott, das Jenseits und an Himmel und Hölle. Freilich bekennen sich beide zum Monotheismus. Seit Jahrhunderten spricht jedoch ein Teil der Muslime den Christen den monotheistischen Glauben ab, da die Anhänger des Christentums neben den Schöpfer auch Jesus (a) anbeten. Deshalb betreiben sie aus dieser Perspektive Vielgötterei. Als Belegstellen führen sie zwei grundlegende Koranverse 5:73-74 an, die oft in Diskussions- und Dialog-Veranstaltungen von seitens der Muslime gerne angeführt werden. Es ist bemerkenswert, dass ausgerechnet beide Koranverse sich in der fünften Sure al-Maida (der Tisch) befinden. In der Sure „Tisch“ wird unter anderem auch das letzte Abendmahl von Jesus (a) und seinen Jüngern berichtet, welches natürlich für die Christen von grundlegender Bedeutung ist.
So heißt es im Koran: „Als die Jünger sagten: „O Jesus Sohn der Maria, ist dein Herr imstande, uns einen Tisch (mit Speisen) vom Himmel herabzusenden?“ sagte er: „Fürchtet Gott, wenn ihr Gläubige seid“ (5:112).
Der Koran wendet sich in unzähligen Verse an die Juden und Christen mit dem Begriff „ahl al-kitab“, was soviel wie Leute des Buches bedeutet, oder auch Anhänger früherer Offenbarung.
Die Koranverse, die eine harsche Kritik an das Fundament des Christentums üben, lauten wie folgt:
„Wahrlich, ungläubig sind diejenigen, die sagen: „Allah ist der Messias, der Sohn der Maria„, während der Messias doch selbst gesagt hat: „O ihr Kinder Israels, betet zu Allah, meinem Herrn und eurem Herrn.“ Wer Allah Götter zur Seite stellt, dem hat Allah das Paradies verwehrt, und das Feuer wird seine Herberge sein. Und die Frevler sollen keine Helfer finden.
Wahrlich, ungläubig sind diejenigen, die sagen: „Allah ist der Dritte von dreien„; und es ist kein Gott da außer einem Einzigen Gott. Und wenn sie nicht von dem, was sie sagen, Abstand nehmen, wahrlich, so wird diejenigen unter ihnen, die ungläubig bleiben, eine schmerzliche Strafe ereilen 5:72-73)“.
In den oben aufgeführten Versen werden zwei Sichtweisen vom Koran diametral zurückgewiesen. Die eine Ansicht ist die biologische Verwandtschaft von Jesus (a) als Sohn Gottes im wörtlichen Sinne. Die andere wiederum der Glaube an die Trinitätslehre.
Gelten pauschal alle Christen nach dem Koran als Ungläubige, die diese Weltanschauung vertreten?
Wird der Begriff „Kafir“ in den Koran-Übersetzungen mit „Unglaube“ richtig übersetzt? Kafir wird wie „Muslim“ oftmals benutzt, um mit einem Sammelbegriff alle Nicht-Muslime zu bezeichnen. Nichts könnte irreführender sein. Der Koran verwendet den Ausdruck Kafir nur für die Beschreibung eines Menschen, der den Glauben bewusst ablehnt. Dies ist ein Mensch, der zwar versteht, dass die koranische Botschaft wahr ist, sich aber dennoch zu glauben weigert. Eine Seele, die die Wahrheit überdeckt, obwohl sie diese erkannt hatte, befindet sich im Zustand eines Kafirs (ungläubigen), so der Islamwissenschaftler Sohaib Sultan zum Begriff Kafir (Der Koran für Dummies, S. 211).
Der österreichische Korangelehrte Muhammad Asad, erkannte früh die unzureichende Wiedergabe des Begriffs „Kafir“. So übersetzte Asad die maßgeblichen Stellen folgendermaßen: „Führwahr, die Wahrheit leugnen (kafara) diejenigen, die sagen: Siehe, Gott ist der Christus, Sohn der Maria,,“ (5:72). Oder: Fürwahr, die Wahrheit leugnen (kafara) diejenigen, die sagen: Siehe, Gott ist der Dritte einer Trinität.. (5:73).
Bereits im Mittelalter disputierte der Bischof und Koran-Kenner Elias von Nisibis (gest. 1046), mit dem Wesir Abu l-Qasim al Husain b. Ali al-Magribi (gest. 1027) über zentrale Themen wie dem Monotheismus. In ihrem dritten Sitzungsgespräch, welches erstmals von Prof. Abdullah Takim ins Deutsche übersetzt wurde, führen sie folgenden Diskurs: „Am ersten Dienstag des sechsten Monats des muslimischen Jahres begab ich (Elias von Nisibis) mich zur Sitzung des Wesirs. Er sagte mir: Ich habe über das, was du bezüglich der Vorstellung des Monotheismus der Christen gesagt hast, nachgedacht und es gebilligt. Daraufhin habe ich im erhabenen Koran nachgesehen und gefunden, dass das folgende Wort Gottes „Ungläubig sind diejenigen, die sagen: ,,Gott ist der Dritte von dreien“. (al-Maida 5:73) den Christen den Monotheismus abspricht. Der Koran charakterisiert an vielen Stellen die Christen als Gläubige, die Gott Partner zugesellen (sirk).
Ich (Elias) sagte: Gott möge den Wesir stärken. Das, was im Koran vorkommt, zwingt mich nicht (anzuerkennen, dass die Christen Gott Partner zugesellen). Obwohl dies mich nicht zwingt, werde ich aus dem Koran Beweise dafür anführen, dass die Christen Monotheisten sind. So sehen wir, dass der Koran die Christen manchmal als Monotheisten und manchmal als Polytheisten charakterisiert. Wenn die Sache sich so verhält, dann befinden sich im Koran entweder Widersprüche oder aber der Koran charakterisiert eine Gruppe von Christen als Monotheisten und eine andere Gruppe von ihnen als Polytheisten. Ich glaube nicht, dass unter den Muslimen, Gott behüte sie, Gläubige vorhanden sind, die behaupten, dass im Koran Widersprüche existieren. So folgt daraus, dass der Koran, wenn er Christen als Monotheisten bezeichnet, nur eine bestimmte Gruppe von Christen charakterisieren will, während mit der Bezeichnung Polytheisten eine andere Gruppe unter den Christen gemeint ist. Was die Monotheisten betrifft, deren Monotheismus durch den Koran bezeugt wird, so wissen wir, dass sie die Einzigkeit Gottes bekunden. Wir, dass heißt die Nestorianer, Jakobiten, Melkiten und diejenigen von den Christen, die unserem Weg folgen, gehören zu diesen Monotheismus. Was die Polytheisten von den Christen betrifft, so gibt es verschiedene Gruppen unter ihnen, die das Christentum nachahmen: wie die Markioniten, Bardesaniten, Manichäer und die Trituniya, das heißt die Tritheisten und andere, die sich zwar dem Christentum zurechnen, aber in Wirklichkeit davon sehr weit entfernt sind (Islamische Tradition und neue Ansätze in Süleyman Ates´s „Zeitgenössischem korankommentar“, S. 249-250).
Für den katholischen Theologen Hans Küng ist das gegenwärtige Bild von Jesus im Christentum historisch nicht zu decken. Die koranische Christologie sei hingegen zur biblischen authentischer. So ist Küng der Ansicht: „Nur an einer Stelle im ganzen Neuen Testament wird klar bejaht, dass Vater, Sohn und Geist „eins“ sind (vgl. 1 Jo 5,7.), und gerade diese Stelle findet sich in den alten Handschriften des Neuen Testaments nicht; sie ist nämlich- wiewohl in ihrer Authentizität von der römischen Glaubenskongregation noch um die Jahrhundertwende verteidigt-heute allgemein als Fälschung erkannt: entstanden im 3. oder 4. Jahrhundert in Nordafrika oder Spanien.. Dieser jüdische Jesus (a) dachte sowenig wie heute ein Muslim daran, den Glauben an den einen Gott- das erste Gebot! aufzulockern. „Was nennst du mich gut? Niemand ist gut außer Gott allein“, war seine Reaktion auf die Anrede „Guter Meister“ (Mk 10,17). Den Titel Gottessohn hat er- darin stimmt heute historisch-kritische Exegese überein- für sich nicht gebraucht (siehe hierzu: Christentum und Weltreligionen, S. 172-173).
Der Koran unterscheidet in mehreren Stellen zwischen den „Polytheisten“ als solche und den „Leuten des Buches“. In Sure 5 Vers 5 wird dies deutlich hervorgehoben: „Heute sind euch alle guten Dinge erlaubt. Und die Speise derer, denen die Schrift gegeben wurde, ist euch erlaubt, wie auch eure Speise ihnen erlaubt ist. Und ehrbare gläubige Frauen und ehrbare Frauen unter den Leuten, denen vor euch die Schrift gegeben wurde, wenn ihr ihnen die Brautgabe gebt, und nur für eine Ehe und nicht für Unzucht und heimliche Liebschaften“. Jedoch ist die Heirat mit Polytheisten strikt verboten. So heißt es im Koran 2:221: „Und heiratet nicht polytheistische Frauen, bis sie gläubig geworden sind“.
Das nicht alle Christen gleich zu bewerten sind, wie oben Elias von Nisibis dargelegt hat, wird im Koran explizit angemahnt: „Sie sind aber nicht (alle) gleich. Unter den Leuten der Schrift gibt es (auch) eine Gemeinschaft, die stets die Verse Gottes zur Zeit der Nacht verlesen und sich dabei niederwerfen. Diese glauben an Gott und an den Jüngsten Tag und gebieten das, was Rechtens ist, und verbieten das Unrecht und wetteifern in guten Werken; und diese gehören zu den Rechtschaffenen. Und was sie an Gutem tun, wird ihnen niemals bestritten; und Gott kennt die Gottesfürchtigen“ (3:112-115).
Der Koranexeget Prof. Bayraktar Bayrakli schreibt dazu: „Man darf niemals über die Juden und Christen verallgemeinert reden. Auch gibt es unter ihnen gläubige und nicht-gläubige Menschen. Der Vers verdeutlicht klar, dass die „Leute des Buches“ in ihren Gebeten die Bibel und nicht den Koran rezitierten (Yeni bir anlayisin isiginda Kuran Tefsiri, Bd. 4, S. 326-327).
„Hochinteressante, informative Darstellung, Ecevit. Danke für’s Posten. Das mit hans Küng wußte ich gar nicht… Wie schön, daß man immer noch was dazulernt. ;-)“
Ich finde, die Beiträge, die ich bis jetzt in „antike zukunft“ gelesen habe, durchweg samt Kommentaren lesenswert. Sie könnten auch hilfreich sein, bei dem Versuch, zwischen Muslimen und Christen einen gutes, sachliches Gesprächsklima zu etablieren und aufrecht zu erhalten.
Sehr lesenswert! Danke für die Mühen mein Freund!
Ihre Ausführungen heisst doch nichts anderes, als dass die übergroße Mehrzahl der Christen für die MUslime Ungläubige sind. Denn die Trinität gehört doch in den meisten christlichen Konfessionen zu den Glaubensgrundlagen.
Wobei übrigens die Trinität, auch schon in der spätnatiken Theologie, doch eine etwas anspruchvollerere Denkfigur als „Gott ist der dritte einer Trinität“ ist.
Übrigens hält die Katholische Kirche Professor Küng nicht für einen katholischen Theologen.
Hallo conring
„Ihre Ausführungen heisst doch nichts anderes, als dass die übergroße Mehrzahl der Christen für die MUslime Ungläubige sind.“
Das ist zu kurz gegriffen.
In Sure 5:72 steht (Paret):
„Ungläubig sind diejenigen, die sagen: „“Allah ist Christus, der Sohn der Maria.““ Christus hat (ja selber) gesagt: „“Ihr Kinder Israel! Dienet Allah, meinem und eurem Herrn!““ Wer (dem einen) Allah (andere Götter) beigesellt, dem hat Allah (von vornherein) den Eingang in das Paradies versagt. Das Höllenfeuer wird ihn (dereinst) aufnehmen. Und die Frevler haben (dann) keine Helfer.“
Zwar kommen die Ungläubigen die Jesus für Gott halten in die Hölle aber nirgendswo steht für wie lange und in welche der 7 Tore (Stufen?) der Hölle
(15:44 Sieben Tore hat sie, und jedem Tor ist ihrer ein Teil zugewiesen. )
„Denn die Trinität gehört doch in den meisten christlichen Konfessionen zu den Glaubensgrundlagen.“
Im Koran steht zig fach das die meisten Menschen nicht glauben dies gilt auch für Muslime also sitzen die meisten im gleichen Boot
13:1 Alif Lám Mím Rá. Das sind die Verse des Buches. Und was zu dir von deinem Herrn hinabgesandt ward, es ist die Wahrheit. Jedoch die meisten Menschen glauben nicht.
40:59:59 Die „Stunde“ kommt gewiß; daran ist kein Zweifel; doch glauben die meisten Menschen nicht.
11:17 Aber die meisten Menschen glauben nicht.
usw
Sehr interessanter Artikel, aber für mich wird daraus nicht ersichtlich, wie der Verfasser Christen beurteilt, die sich nach dem richten, was die Bibel über Jesus und den Heiligen Geist sagt.
Sind diese Christen jetzt Polytheisten? Oder Monotheisten?
So wird Jesus in der Bibel z.B. als Schöpfer bezeichnet, als König der Könige, Sohn Gottes, Richter der Welt, usw.
So gibt es auch Stellen in der Bibel, wo Jesus angebetet wird.
Wenn man als Christ daran glaubt, dass der Heilige Geist wirklich derjenige ist, von dem die Bibel berichtet und dass die Aussagen über Jesus ebenfalls stimmen, ist man dann Polytheist?
Polytheist ist immer dann gegeben wenn man Gott etwas gleichsetzt jetzt ist die Frage was die Dreifaltigkeit genau meint?Also die Dreifaltigkeit ist auf jeden Fall nicht korankonform aber ob es schon polytheismus ist? Ich kann das nicht genau beantworten denn ich blicke da selber nicht ganz durch aber ich tendiere eher zu ja aber ich muss mir das genauer ansschauen
LG Eddy
Also wir Christen glauben nicht an drei Götter, sondern daran dass sich Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist offenbart. Im Koran ist ja die Rede von Gott, Maria und Jesus, aber das glauben wir nicht.
Wir glauben ebenfalls an einen Gott, dazu gibt es ja auch sehr viele Stellen in der Bibel.
Aber Gott wurde laut Bibel in Jesus Mensch und lebt als Heiliger Geist heute in den Christen.
Das ist für Muslime dann wohl Polytheismus oder?
Hallo Hans
„Also wir Christen glauben nicht an drei Götter, sondern daran dass sich Gott als Vater, Sohn und Heiliger Geist offenbart.“
Ah ok das macht dann die Sache wieder anders denke ich denn im Koran steht wenn man Gott etwas BEIGESELLT ist man Polytheist also eine andere Richtung als Gott einschlägt denn Gott ist laut Koran „die Wahrheit“ (22:62) da kann man dann wieder drüber diskutieren aber selbst das ist im Koran getadelt „sagt nicht: Gott ist Drei“ aber man muss da einen Unterschied sehen denke ich in Bezug auf Gott etwas beizugesellen das sind 2 Paar Schuhe aber das Thema müsste man mal viel genauer analysieren das ist vorerst meine Meinung Süleyman Atess Meinung dazu deckt sich glaube ich mit meiner Meinung aber bin mir nicht ganz sicher
Süleyman Ates: „Der Koran hat sich in einer Zeit offenbart, wo all die Gruppierungen im Christentum schon existierten. Ob es sich um die Trinität handelt oder jene, die aus der Schrift einige Stellen leugneten. Der Koran hat ohne zu differenzieren diese als “Volk der Schrift bezeichnet”. Der Koran nennt die Anhänger der Trinität zwar als “Wahrheitsleugner”, doch stellt er sie nicht mit den Polytheisten gleich. Daher wäre es unangebracht, diese voneinander nicht zu unterscheiden (Kur’an Ansiklopedisi B. 11, S. 538-39.)
hier hat Süleyman Ates seine Sichtweise deutlich verändert. Die Quelle aus seiner Koranexegete wurde in den 80’er Jahren, die Enzyklopädie in 2003 geschrieben.
wslm
Salam,
ich denke, der Koran nennt nur jene Anhänger der Trinität „Wahrheitsleugner“, welche auch die Voraussetzung für den Begriff „Wahrheitsleugner“ (arab. Kufar) auch wirklich erfüllen.
So wie ich es gelernt habe, müssen die Drei folgenden obligatorischen Voraussetzungen, dafür gegeben sein:
1) Die Wahrheit, bezüglich der Botschaft des Islam, verstanden haben
2) Dementsprechend auch diese Wahrheit bewusst verinnerlicht haben
3) Die islamische Botschaft als Wahrheit akzeptieren und dennoch leugnen
Wie kann ein Anhänger der Trinität, der im Islam nicht die Wahrheit erkannt hat, „bewusst“ die Wahrheit leugnen?
Wa salam