Ist die Frau dem Mann gleichgestellt?

 
Es gibt eine Denkhaltung unter Männern, die Frauen verachtet, sie aus der sozialen Gemeinschaft ausschließen will, sie als Menschen zweiter Klasse betrachtet. Diese Haltung stammt nicht etwa aus dem Islam, sondern beruht auf einem bösen, heidnischen Frauenbild. Der Quran hingegen definiert unmissverständlich die sozialen Beziehungen zwischen den Geschlechtern.
 
Die Stellung der Frau im Islam war kürzlich Gegenstand öffentlicher Diskussion. Eine Reihe von Missverständnissen tauchte auf, teils basierend auf alt hergebrachten Bräuchen, die für „islamisch“ gehalten werden, es aber keineswegs sind, teils basierend auf Vorurteilen. Dies führt zu der naheliegenden Frage, wie denn die Rolle der Frau im islamischen Glauben tatsächlich definiert ist. Bei genauerer Betrachtung des Themas sehen wir, dass der Islam den Frauen eine hohe soziale Stellung gewährt und ihnen jede Freiheit und große Wertschätzung einräumt.
 
Gottes Gebote über den Status von Frauen und über die Beziehungen zwischen Männern und Frauen, offenbart im Quran, sind getragen von der Idee universaler Gerechtigkeit. Unter diesem Aspekt verlangt der Islam die Gleichheit der Geschlechter, sowohl was ihre Rechte, als auch was ihre Verantwortlichkeit und Pflichten angeht. Der Islam basiert auf der Liebe, der Toleranz und dem Respekt gegenüber allen Menschen, ein Konzept, in dem die Diskriminierung der Frau keinen Platz findet.
 
Die Beispiele für moralisches Verhalten, die der Quran uns zeigt, liegen vollständig innerhalb der Möglichkeiten eines jeden Menschen und gelten für vergangene und kommende Zeitalter der Geschichte.
 
Respekt gegenüber Frauen und den Rechten der Frauen gehören ohne jeden Zweifel in diese Kategorie moralischen Verhaltens. Allah macht im Quran klar, dass Aufgaben und Verantwortung der Frauen dieselben sind, wie die der Männer, und dass Männer und Frauen sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben und Verantwortung einander bestmöglich unterstützen sollen:
 
„Und die Gläubigen, Männer und Frauen, sind einer des anderen Freund. Sie gebieten das Rechte und verbieten das Unrechte und verrichten das Gebet und zahlen die Steuer und gehorchen Allah und Seinem Gesandten. Sie – wahrlich, Allah erbarmt sich ihrer. Siehe, Allah ist mächtig und weise.“ (Quran, 9:71)
 
Allah betont, dass die Gläubigen entsprechend ihrer Taten behandelt werden, ohne Rücksicht auf ihr Geschlecht. Auf diese Realität wird in vielen Quran-Versen hingewiesen:
 
Und ihr Herr antwortet ihnen: „Siehe, Ich lasse keine Tat von euch verloren gehen, sei es von einem Mann oder einer Frau. Die einen von euch stammen ja von den anderen…“ (Quran, 3:195)
 
„Wer das Rechte tut, und gläubig ist, sei es Mann oder Frau, dem werden Wir ein gutes Leben geben. Und Wir werden ihn nach seinen besten Werken belohnen.“ (Quran, 16:97)
 
In einer weiteren Sure werden muslimische Männer und Frauen gleichgestellt und es wird betont, dass beide die gleiche Verantwortung tragen und in Gottes Augen denselben Status genießen:
 
„Wahrlich, die muslimischen Männer und die muslimischen Frauen,
die gläubigen Männer und die gläubigen Frauen,
die gehorsamen Männer und die gehorsamen Frauen,
die wahrhaftigen Männer und die wahrhaftigen Frauen,
die standhaften Männer und die standhaften Frauen,
die demütigen Männer und die demütigen Frauen,
die Almosen spendenden Männer und die Almosen spendenden Frauen,
die fastenden Männer und die fastenden Frauen,
die ihre Keuschheit wahrenden Männer und die ihre Keuschheit wahrenden Frauen,
die Allahs häufig gedenkenden Männer und gedenkenden Frauen
– Allah hat für sie Vergebung und großen Lohn vorgesehen.
(Quran, 33:35)
 
Es gibt zahlreiche weitere Suren im Quran, die die Gleichheit von Männern und Frauen belegen, sowohl was ihre Aufgabe und Verantwortung angeht, als auch was ihre entsprechende Belohnung oder Bestrafung betrifft. Es gibt einige wenige Ungleichheiten in der Stellung von Mann und Frau, diese dienen jedoch der sozialen Sicherheit und dem Schutz der Frauen. Die Gebote des Quran berücksichtigen die natürlichen, durch die Schöpfung bedingten Unterschiede zwischen Mann und Frau, und etablieren ein in diesem Zusammenhang zu sehendes gleiches Recht für Männer und Frauen.
 
Der Islam sieht Frauen nicht als Objekte an. Deswegen wird es als unangemessen betrachtet, wenn eine Frau mit gutem Charakter einen Mann heiratet mit verdorbenem Charakter. Genauso wenig ist es einer Frau mit verdorbenem Charakter erlaubt, einen Mann zu heiraten mit gutem Charakter.
 
„Schlechte Frauen sind für schlechte Männer, und schlechte Männer sind für schlechte Frauen! Und gute Frauen sind für gute Männer, und gute Männer sind für gute Frauen! Diese sind frei von dem, was sie ihnen nachsagen. Vergebung und eine ehrenhafte Versorgung (für sie)!“ (Quran, 24:26)
 
Auch in der Ehe wird Gleichheit von Pflicht und Verantwortung der Ehepartner verlangt. Allah will, dass sich die Ehepartner beschützen und beaufsichtigen. Diese Pflicht drückt der Quran wie folgt aus:
 
„…Sie sind euch ein Kleid, und ihr seid ihnen ein Kleid…“ (Quran, 2:187)
 
Viele Regeln und Gebote des Qurans befassen sich mit dem Schutz der Rechte der Frauen in der Ehe. Die Ehe basiert auf dem freien Willen beider Partner; der Ehemann hat für den Lebensunterhalt seiner Frau zu sorgen (4:4), und er muss sich auch nach einer Scheidung der Ehe um seine Ex-Frau kümmern (65:6).
 
Diese Suren des Qurans zeigen deutlich, dass der Islam die Beziehungen zwischen Männern und Frauen auf eine Rechtsgrundlage stellt und den ungerechten Praktiken und Bräuchen aus vorislamischen Gesellschaften ein Ende bereitet. Ein Beispiel hierzu ist die Situation von Frauen in vorislamischen arabischen Gesellschaften. Die heidnischen Araber sahen Frauen als minderwertig an und eine Tochter zu bekommen, war ein Umstand, dessen man sich schämen musste. Es gab Väter, die ihre neugeborenen Töchter lebendig begruben, damit sie nicht die Geburt eines Mädchens zugeben mussten. Allah hat diese barbarische Tradition im Quran verboten und warnt, das solche Taten am Tag des jüngstens Gerichts auf das strengste geahndet werden.
 
Tatsächlich brachte der Islam den Frauen, die in vormals heidnischen Gesellschaften großer Unterdrückung ausgesetzt waren, einen hohen Grad an Emanzipation.
 
Professor Bernard Lewis, bekannt als einer der besten westlichen Experten für Islamgeschichte und für Geschichte des Nahen Ostens gibt hierzu den folgenden Kommentar:
„Generell gesehen brachte die Ausbreitung des Islam eine enorme Verbesserung der Position der Frau im alten Arabien, die ihnen neben anderen Rechten das Recht auf den Besitz von Eigentum gab; außerdem erhielten sie eine Reihe von Rechtsmitteln zu ihrem Schutz gegen Misshandlungen durch ihre Ehemänner oder Eigentümer. Die Tötung weiblicher Neugeborener, gewohnheitsmäßig toleriert im heidnischen Arabien, wurde durch den Islam verboten. Trotzdem ließ die Rechtsstellung der Frauen weiterhin viel zu wünschen übrig, und sie verschlechterte sich weiter, als die ursprüngliche Botschaft des Islam nicht nur in dieser Hinsicht ihre treibende Kraft verlor und unter dem Einfluss vormals ausgeübter Traditionen und Bräuche modifiziert wurde. (Bernard Lewis, Der Mittlere Osten, Weidenfeld und Nicolson, London, 1995, S.210)
Wir dürfen daher mit Fug und Recht behaupten, dass jene verachtende Mentalität, die Frauen aus der sozialen Gemeinschaft ausschließen will und sie als Menschen zweiter Klasse betrachtet, auf einem üblen, heidnischen Frauenbild beruht, dass im Islam keinen Platz hat.
 
Tatsächlich werden religiöse Frauen im Quran als Vorbilder für die Menschheit dargestellt. Eine dieser Frauen ist Maria, die Mutter Jesus Christus‘. Eine andere ist jene Ehefrau eines ägyptischen Pharaos, die trotz des bösen Charakters ihres Ehemannes als eine gute Muslimin beschrieben wird (Quran, 66:11-12). Weiterhin beschreibt der Quran die sehr freundlichen Gespräche zwischen dem Propheten Salomon und der Königin von Saba (Quran, 27:42-47) sowie zwischen Prophet Moses und zwei jungen Frauen. All diese Gespräche symbolisieren die zivilisierten sozialen Beziehungen zwischen den Geschlechtern.
 
Deshalb ist es für einen Muslim nicht möglich, eine bigotte Haltung gegenüber Frauen einzunehmen. In einer Gesellschaft in der der wahre Islam praktiziert wird, wird den Frauen ein hohes Maß an Höflichkeit und Respekt entgegengebracht werden, und man wird sicherstellen, dass Frauen in Freiheit und Sicherheit leben können.
 
Die Interpretation des Qurans erfordert die Einhaltung einer fundamentalen Regel: Der Sinn einer beliebigen Textstelle erschließt sich nur dann, wenn sie im gesamten Zusammenhang des Qurans verstanden wird. Setzt man dieses Verständnis voraus, dann wird deutlich, dass die Regeln Allahs, die sich mit Frauen befassen, eine Sozialstruktur bilden, die es den Frauen ermöglicht, auf das Angenehmste und Glücklichste zu leben. In einer Gesellschaft, in der die moralischen Werte, die der Islam kennt, verständnisvoll praktiziert werden, wird die soziale Stellung der Frau herausragender sein, als in Gesellschaften, die wir heute als „modern“ ansehen.

 

   
   
 

ÜBER DEN AUTOR

Ecevit Polat

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